Ost-West-Linie für HamburgHamburg ist durch U-Bahnlinien offensichtlich weniger gut erschlossen als viele andere Städte. Die wenigen existierenden Erweiterungspläne sehen meist stark gekrümmte Linien vor, die parallel zu bestehenden Strecken durch die Innenstadt führen. Dies scheint jedoch am Bedarf vorbeizugehen. Deshalb wird hier eine geradlinige Ost-West-Strecke vorgeschlagen, die dicht besiedelte Stadtteile erschließt. Dadurch würde ein besseres Netz entstehen, und durch eine Unterquerung der Außenalster wäre die U-Bahn konkurrenzlos schnell gegenüber anderen Verkehrsmitteln. Geschichte1863 wurde die erste U-Bahn der Welt in London eröffnet. Bereits 1912 wurde in Hamburg die zehnte U-Bahn der Welt eröffnet [Sch 92], wobei innerhalb von nur vier Monaten der komplette U-Bahnring mit 18 km Umfang und 23 Stationen in Betrieb ging. Die Züge fuhren schon damals im 5-Minuten-Takt [Bön 02]. Die einstige U-Bahn-Ringlinie wurde 1967 betrieblich aufgespalten. Ein heute 110 km langes S-Bahnnetz mit 59 Stationen ergänzt die U-Bahn.Weltweit ist gegenwärtig ein Bauboom für U-Bahnen zu verzeichnen. Es existieren mehr als 120 Städte mit U-Bahnsystemen, in ca. 100 Städten sind U-Bahnstrecken in Bau [Urb-n]. Madrid mit seinen 3 Millionen Einwohnern ist ein Beispiel für eine Stadt mit besonders schnell wachsendem U-Bahnnetz: allein in den 90er-Jahren kamen zu den ca. 130 km weitere 100 km hinzu [Sch 01]. Auch in mehreren deutschen Städten werden die U-Bahnnetze stetig erweitert. Im nationalen und internationalen Vergleich zeigt sich, dass viele Städte U-bahnmäßig besser erschlossen sind als Hamburg. Nach Jahrzehnten größerer Bautätigkeit nach beiden Weltkriegen ist das Hamburger U-Bahnnetz 101 km lang. In den 32 Jahren von 1973 bis 2005 sind allerdings nur noch 8,8 km hinzugekommen, so dass man fast von einer Stagnation sprechen kann. PlanungenGeplant ist lediglich eine einzige neue U-Bahnstation in der Hafencity, deren Realisierung allerdings ungewiss ist. Das Hamburger U-Bahnnetz lag 2002 mit 101 km Streckenlänge international an 18. Stelle [Ser 05]. Die Länge relativiert sich allerdings, wenn man in Betracht zieht, dass es nur drei Linien gibt, die teilweise weit ins Umland reichen (von der Innenstadt nach Großhansdorf ist man fast 50 Minuten unterwegs). Im Stadtzentrum existieren zwei große Umsteigeknoten (Hauptbahnhof und Jungfernstieg); die um die Innenstadt herum liegenden Stadtteile sind dagegen eher lückenhaft erschlossen. In den dichtbesiedelten Stadtteilen Neustadt, Eppendorf, Barmbek-Süd und Harvestehude klaffen Lücken, in denen der nächste Bahnanschluss mehrere Kilometer entfernt ist.Es gab bereits unterschiedliche Planungen für eine weitere Linie, für die auch Vorleistungen erbracht wurden in Form von zusätzlichen Bahnsteigen am Jungfernstieg, am Hauptbahnhof Nord und an der Sengelmannstraße. Auch Planungen für ein Stadtbahnnetz gab es bereits. Allen Planungen gemeinsam ist die Annahme, dass alle Linien über Hauptbahnhof und Jungfernstieg zu führen seien, wo sich bereits sämtliche heute existierenden U- und S-Bahnlinien treffen. Dieses offensichtlich unumstößliche Prinzip der Hamburger Stadtplaner, alle Linien durch die Innenstadt zu führen, ist möglicherweise der eigentliche Grund für den Planungsstillstand, da keine Planung gut genug ist, um realisiert zu werden. Die Gründe:
TheorieEs lässt sich mathematisch nachweisen, dass die optimale Netzform für U-Bahnsysteme ein Ring-Radialen-Netz ist, wie es z.B. in London und Moskau anzutreffen ist. Es minimiert die Fahrzeiten, Umsteigevorgänge und Wagenkilometer [Sch 92]. Ein derartiges Ring-Radialen-Netz besteht aus einem Ring um die Innenstadt, der von mehreren geraden Linien in unterschiedlichen Richtungen durchquert wird. Die Radiallinien sollten sich allerdings nicht alle im selben Knoten kreuzen, sondern in mehreren unterschiedlichen Knoten innerhalb des Rings.VorschlagDer folgende Vorschlag ist bewusst unabhängig von finanziellen Zwängen und bisherigen Planungen gedacht, um den wirklichen Bedarf zu erkunden, ohne sich in kleinen Schritten von einem Kompromiss zum nächsten zu hangeln, wie es in der Hamburger Verkehrsplanung seit Jahrzehnten gang und gäbe zu sein scheint. Nicht alle Teile dieses Vorschlages sind neu: Bereits 1941 war eine Alsterquerung geplant, die eine Strecke von Hallerstraße zum Mühlenkamp enthielt [Bön 02].Die Netzformen, die in einer Stadt möglich und sinnvoll sind, hängen natürlich auch von der Topographie ab. Der Korridor in Hamburg zwischen Elbe und Alster, durch den sich alle Linien zwängen, ist ungewöhnlich. Die Außenalster stellt ein großes Hindernis dar, besonders für den Individualverkehr. Eine Unterquerung der Außenalster würde der U-Bahn zu konkurrenzlos schnellen Verbindungen gegenüber dem Individualverkehr verhelfen. Die Hamburger Innenstadt mit den Stadtteilen Altstadt und Neustadt ist dünn besiedelt, bietet jedoch Arbeitsstätten und Einkaufsmöglichkeiten. Nördlich der Innenstadt verläuft jedoch ein Gürtel dicht besiedelter Stadtteile in Ost-West-Richtung mit meist mehrgeschossigen Wohnhäusern. Die hier vorgeschlagene U-Bahnlinie führt absichtlich nicht über die Verkehrsknoten Jungfernstieg und Hauptbahnhof, sondern kreuzt die Außenalster und folgt diesem Gürtel der dicht besiedelten Stadtteile. Diese Ost-West-Linie ist besser geeignet als der oft geforderte, aber bisher nicht realisierte Umbau der Güterumgehungsbahn, weil sie durch wesentlich dichter besiedeltes Gebiet führt und damit deutlich mehr Fahrgäste anziehen dürfte. Die 18 km lange Strecke mit 20 Stationen verläuft von Osdorfer Born und Volkspark (Arenen) über Eimsbüttel, Harvestehude, Barmbek Süd und Eilbek nach Wandsbek und Jenfeld. Dadurch werden die dichtbesiedelten peripheren Stadtteile Osdorf, Lurup und Jenfeld an das Schnellbahnnetz angeschlossen, was seit Jahrzehnten gefordert wird. Außerdem werden Versorgungslücken in Eimsbüttel und Uhlenhorst beseitigt, und die Stadtteile links und rechts der Alster rücken näher zusammen. Volksparkstadion und AOL-Arena bekommen endlich eine adäquate Anbindung. An acht Stationen kann in bestehende Schnellbahnlinien umgestiegen werden. Plan der Ost-West-Linie (rote Linie). Vergrößern (365 kB) Eine moderne U-Bahn würde bei einer angenommenen Reisegeschwindigkeit von 40 km/h die 18 km lange Strecke in 27 Minuten zurücklegen:
Auf fast allen Teilstrecken ergeben sich große Fahrzeiteinsparungen gegenüber heutigen Verbindungen. Auch in die Innenstadt ergeben sich sehr schnelle Verbindungen, trotz Umsteigens: z.B. Schenefeld - Jungfernstieg 20 Min., Mühlenkamp - Jungfernstieg 9 Min., Jenfeld - Hbf. 20 Min. Voraussetzung sind Umsteigebahnhöfe mit kurzen Wegen, ähnlich wie Kellinghusenstraße, Jungfernstieg (zwischen U1 und S-Bahn) oder Berliner Straße in Berlin. Längerfristig würden sich Verlängerungen im Westen nach Schenefeld (2 km) und im Osten nach Glinde (6 km) anbieten. FazitDie Planungssituation in Hamburg scheint festgefahren zu sein durch die Prämissen, alle Linien über die Knotenpunkte Jungfernstieg und Hauptbahnhof führen und bestehende Vorleistungen nutzen zu wollen. Jede Linie durch die Innenstadt ist jedoch aufgrund von Hamburgs Lage an Alster und Elbe dazu verdammt, einen Bogen, und damit einen Umweg zu machen, der für Fahrgäste oft unattraktiv ist. Es bietet sich daher an, die Außenalster zu kreuzen, und zwar dort, wo sich die am dichtesten besiedelten Stadtteile befinden.Hamburgs Subzentren (z.B. Altona, Eppendorf, Barmbek, Wandsbek und andere Einkaufs- und Bürostandorte) müssen besser untereinander verbunden werden. Außerdem entsteht ein wirkliches Netz erst dann, wenn es Linien gibt, die nicht durch die Innenstadt führen. U-Bahnlinien (außer Ringlinien) sollten nicht gekrümmt verlaufen, sondern ihre Himmelsrichtung beibehalten; das jetzige Hamburger Netz ist zu stark verschlungen. Deshalb wurde hier eine fast geradlinige Ost-West-Linie vorgestellt, die von Osdorfer Born über Volkspark (Arenen) über Eimsbüttel, Harvestehude, Barmbek Süd und Eilbek nach Wandsbek und Jenfeld verläuft. Der ehemalige Hamburger U-Bahnring sollte durch Änderung der Linienverläufe wiederhergestellt werden (dies ist tatsächlich für 2008 geplant), und diese Ost-West-Linie wäre als Ergänzung gut geeignet. Durch die Unterquerung der Außenalster wäre die U-Bahn gegenüber allen anderen Verkehrsmitteln im Vorteil. Literatur[Bön 02] Bönig, Jürgen; Tania Greiner: Unterwegs, 90 Jahre Hamburger U-Bahn. Christians 2002.[Sch 92] Schleife, Hans-Werner; et al.: Metros der Welt. Geschichte, Technik, Betrieb. Transpress 1992. [Sch 01] Schwandl, Robert: Metros in Spain. Capital 2001. [Ser 05] Serradell, Jordi: World Metro List. 2005. [Urb-n] Schwandl, Robert: Urbanrail.net - Metros Under Construction (Website). ©2005 M. Rohde Home |